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Rooibostee auf dem Alm

Text & Fotos: Mirco Lomoth
Die Zeit | NR. 08 – 18.02.2010

   er Weg in die Drakensberge führt durch die Missionsstation Mariazell. Die Beete sind ordentlich umzäunt, die Kirchturmuhr bestimmt den Tag, ein Wetterhahn zeigt die Windrichtung an. Father George grüßt, aber er hört mich nicht. Der Missionar hat die gebeugte Statur eines Vierundachtzigjährigen und das Lächeln eines Jungen. Ich brülle ihm ins Ohr, auf Englisch, auf Deutsch, weil er Schweizer ist, er geht zurück in die Werkstatt. Wir laufen durch die Missionsstation, wo einheimische Frauen auf der Erde hocken und Grasbüschel schneiden. Und weiter durch sattgrüne Weiden, fast wie in der Steiermark. In der Ferne sehen wir ein großes Kreuz auf einem Felsen. Die Missionare haben ihren Glauben in die Landschaft graviert. Wir verlassen ihre Welt. Über einen Fluss, den sie Jordan nennen, gelangen wir nach Afrika. Das Dorf auf der anderen Seite wacht gerade auf, Rauch steigt aus Strohdächern, ein Mann geht über einen Acker, wohl um nach den Pferden zu schauen, er ist eingewickelt in eine bunte Decke. Es ist noch früh und kühl. Die Wolken liegen schwer wie nasse Watte auf den Gipfeln. Erst gegen Mittag wird die Sonne durchbrechen, später wird Sturm aufziehen und Regen mitbringen, heißt es, vielleicht ein Gewitter. Dann wollen wir in Makhulong sein. Robert geht voran, ein bisschen schnell, wie ich finde, zumindest für den Anfang.

Er trägt einen roten Rucksack und einen Schlapphut, die gestreifte Traininghose hat er bis zum Knie hochgekrempelt. Er ist Wanderführer, 48 Jahre alt, doch man schätzt ihn zehn Jahre jünger. Vielleicht, weil er ständig in den Bergen herum läuft. Als Gelegenheitswanderer bin ich da im Nachteil, spüre jeden Stein in den Sehnen. Nur langsam gewöhne ich mich, beginne auf die Landschaft zu achten.

Der Mehloding Trail führt durch bäuerliches Kulturland in Südafrikas Ostkap-Provinz, durch Dörfer mit weit verstreuten Häuser und Maisfelder, hoch auf sattgrüne Almen, auf denen Hirten mit langen Stöcken ihre Herden hüten, Schafe, Ziegen, Kühe, und in einsame Hochtäler, in die Mensch und Vieh nur selten vordringen. Vier Tage braucht man für die rund 60 Kilometer, übernachtet unterwegs in einfachen Rundhütten, die von Dorfgemeinschaften am Wegesrand unterhalten werden. Es ist keine Hochgebirgstour, wir bleiben an den sanft geschwungenen Flanken der südlichen Drakensberge, unterhalb von 2000 Metern. Doch ihre spitzen Gipfel haben wir immer im Blick. Die Zulu nennen sie uKhahlamba, Wall der aufgestellten Speere. Dahinter liegt das Königreich Lesotho. Es ist Grenzland, eine abgelegene Gegend Südafrikas, fernab touristischer Inszenierungen …

Ganzer Text in Die Zeit  NR. 08 – 18.02.2010