Close

Einblicke

Redaktion: Mirco Lomoth | Fotos: Pablo Castagnola | Gestaltung: Irvandy Syafruddin
Auftraggeber: Einstein Stiftung Berlin 2015

Forscher erzählen: Für die Einstein Stiftung Berlin habe ich eine Porträtsammlung realisiert, die 37 von der Stiftung geförderte Wissenschaftler in Text und Bild vorstellt. Die Porträtsammlung ist auf Deutsch und Englisch erschienen, gedruckt und online (siehe einblicke.einsteinfoundation.de). Einer der 37 Forscher ist der Physiker Kaan Atak

„Den Tanz der Moleküle verstehen“

Wenn wir ein Problem im Innern unseres Körpers ha­ben, machen Ärzte Röntgenaufnahmen, um ihm auf die Spur zu kommen. Ich nutze die Röntgenspektroskopie, um in den Mikrokosmos zu schauen und zu beobachten, wie Moleküle und Atome interagieren. Unsere Geräte ermöglichen es uns, Dinge zu sehen, die sonst im Verborgenen bleiben würden. Dieser Blick auf mikroskopische Prozesse ist notwendig, um die Ursachen unterschiedlicher Phänomene zu erkennen – nur so können wir zum Beispiel verstehen, warum Viren uns krank machen.

Es ist so, als würde man das Treiben in einem Tanz­saal beobachten. Tanzpartner kommen zusammen, reagieren auf Signale, geben ihre Zu­ oder Abneigung zu erkennen. Auch Moleküle und Atome vollführen eine Art Tanzbewegung. Sie gehen Verbindungen ein und verständigen sich über Elek­tronen. Ihre elektronische Struktur ist entscheidend für die Dynamik zwischen ihnen. Wir beschießen die Moleküle, die wir untersuchen, mit Röntgenstrahlen aus der Synchrotron­ quelle BESSY II in Adlershof bei Berlin.

Die Röntgenstrahlen, die sie zurücksenden, zeichnen wir auf und erhalten so wichtige Informationen über ihre elektronische Struktur. Im Moment untersuche ich eine bestimmte Gruppenpe von Biomolekülen, sogenannte Porphyrine, vor allem ein Häm-­Molekül, das ein Eisen­-Atom enthält. Das Eisen bindet kleinere Moleküle wie Wasser, Sauerstoff und Kohlendioxid. Wie das genau geschieht, interessiert uns, weil es uns hilft, die Funktion von Hämoglobin besser zu verstehen, ein we­sentlich größeres Molekül, das den Sauerstofftransport in unsere Zellen gewährleistet.

„Physiker sind die Orakel unserer Zeit“


Unsere Untersuchungen zielen darauf, die grundlegenden Eigenschaften und elektronischen Strukturen unter­ schiedlicher Materialien zu verstehen. Doch sie können auch konkret dabei helfen, effizientere Moleküle zu „bauen“, die zum Beispiel für eine effektivere Verteilung von Medikamen­ten im Blut sorgen können.
Ich bin schon immer ein sehr neugieriger Mensch gewesen. Als Kind habe ich mein Spielzeug zerlegt, um her­ auszufinden, wie es funktioniert. Ich wusste schon früh, dass ich in die Wissenschaft wollte, um die Welt besser zu verste­hen, in der wir leben. Das ist noch heute so. Ich interessiere mich für alles Mögliche, insbesondere auch für Psycholo­gie und Geschichte. Aber am faszinierendsten finde ich die Physik. Physiker sind für mich so etwas wie die Orakel unse­rer Zeit. Wir sind auf der Suche nach den Gesetzen des Uni­versums. Und haben wir die erst einmal verstanden, können wir die Zukunft voraussagen. Für mich ist das wie Magie.


Ganzer Text unter: einblicke.einsteinfoundation.de

Zur digitalen Version: